Verfasst von: Barbara & Didier | März 1, 2012

Von Santiago bis Cafayate

Cafayate, 01.03.2012, 44‘117 km

Hola!
Manchmal gibt es Tage, an denen einfach alles passt. Zum Beispiel dieser: Nach einem gemütlichen Frühstück mit Soledad verabschiedeten wir uns von ihr und unserem vorübergehenden Zuhause in Santiago und fuhren mal wieder mitten durchs Stadtzentrum, mit Traditionen soll man nicht brechen. In Los Andes fanden wir auf Anhieb einen Bremsspezialisten und innert 10 Minuten erhielt der Pfusbus neue Bremsbeläge, sicher ist sicher in den Anden. Kurz darauf nahmen wir bei schönstem Wetter die Passtrasse nach Mendoza in Angriff. Dank einem Tunnel braucht man heutzutage nicht mehr bis ganz hoch zu fahren, wir liessen es uns aber nicht nehmen und kurvten noch das alte, ungeteerte Strässchen rauf bis auf die Passhöhe, mit 4000 M.ü.M nicht nur für den Pfusbus, sondern auch für uns ein neuer Höhenrekord. Die Aussicht auf das Tal und Bergspitzen in allen Farben war spektakulär. Wieder ein paar Meter weiter unten bot sich die Gelegenheit für ein kleines Höhentraining. Eine kurze Wanderung und schon hatten wir perfekte Sicht auf den höchsten Berg ausserhalb des Himalayamassivs, den Aconcagua. Das zweistündige Schlangenstehen am Zoll wegen Ferienrückreiseverkehr war halb so schlimm, die Zöllner waren für einmal gut organisiert und freundlich und kein einziger kam dem Pfusbus zu nahe. Dann ging es auf weiterhin tadelloser Strasse runter durch ein spektakuläres Tal, wo wir beim Eindunkeln einen tollen Pfusplatz an einem kleinen Canyon fanden. Sozusagen als Bettmümpfeli präsentierte sich ein wunderbarer Sternenhimmel, ein guter Abschluss für einen guten Tag.


Höhenrekord für alle auf 4000 Meter über Meer.


„Hochgebirgsstrasse, extreme Vorsicht!“


Der Aconcagua erreicht stolze 6959 Meter über Meer und ist damit der höchste Berg ausserhalb des Himalayas.

Dann gibt es leider auch Tage, an denen nicht viel so läuft wie man es gerne hätte. Zum Beispiel der Tag darauf. Endlich im brütend heissen Mendoza angekommen, machten wir uns auf die Suche nach einem Supermarkt und Benzin. Erstes war kein Problem, einfach schade, dass die Argentinier auf den Schattenparkplätzen immer so parkieren, dass auf zwei Feldern nur ein Fahrzeug Platz hat. Der Pfusbus erreichte Rekordinnentemperaturen. Zweites stellte sich als schwieriger heraus, als gedacht. Keine einzige staatliche Tankstelle hatte Benzin, also blieb uns nur übrig, bei einer teureren privaten anzustehen. Nach einer öden und wegen den vielen Lastern und den heissen Temperaturen mühsamen Fahrt endlich in San Juan angekommen, erreichte die Benzinsuche ungeahnte Ausmasse. Nach einer guten Stunde hatten wir sämtliche Tankstellen der ganzen Stadt abgeklappert mit dem Resultat, dass nur 1 von ca. 20 noch Benzin hatte. Bei einer Einwohnerzahl von 420‘000 und einer einzigen operierenden Tanksäule bedeutete das 3 Stunden Schlangenstehen bei sengender Hitze! Dabei war nicht gerade hilfreiche, dass jeder vierte Pickup auf der Ladefläche noch 200 Literfässer gefüllt haben wollte. Naja, wir konnten es ihnen schlecht übel nehmen, die Situation zwingt die Leute ja zum Hamstern. Das Schlimmste an der ganzen Sache ist, dass das Problem einzig und allein politische Wurzeln hat, denn Öl hat Argentinien mehr als genug. Die riesigen Ölfelder haben wir im Süden mit eigenen Augen gesehen. Tatsache ist, dass der Export dermassen lukrativ ist, dass seit Monaten das eigene Volk (und die eigene Wirtschaft!) unter einem krassen Treibstoffmangel zu leiden haben. Ziemlich entnervt und müde fanden wir schliesslich ausserhalb einen eigentlich schönen Pfusplatz, wegen Orkanböen und Gewitter war die Nacht aber nicht gerade erholsam.

Schliesslich gibt es auch jene ganz speziellen Tage, die an Spannung kaum zu überbieten sind und erst noch mit einem Riesenhighlight enden. Der nächste war so einer. Nach der Hitze kam der Regen, und zwar richtig. Alle paar hundert Meter floss ein Bach über die Strasse und der Pfusbus stürzte sich mutig in die Fluten und Schlammlawinen. Im Gegensatz zu uns wurde er glücklicherweise nicht nervös und passierte auch jene Stellen mit Bravour, wo uns 100 in PWs und Bussen steckengebliebene Augenpaare gespannt beobachteten. Als bereits wieder die Sonne vom Himmel lachte, dann der ultimative Kick. Uns erwartete ein 150 Meter breiter reissender Fluss! Um die Spannung noch ein bisschen zu steigern, ging es vom Strassentrasse 1.5 Meter einen Wasserfall runter ins eigentliche Flussbett. Während uns bei der Durchquerung bei einem Wasserstand über der Radhöhe und reissender Strömung die Luft wegblieb, blieb der Pfusbus zum Glück cool! Wegen dem Mix aus Adrenalin und vorher getrunkenem Mate fühlten wir uns nachher wie auf Drogen. Die wunderschöne Passfahrt nach Chilecito sorgte wieder für einen ruhigen Puls und nur wenige Kilometer später war es endlich so weit: Wir feierten ein freudiges Wiedersehen mit Pio und Inger! Die beiden touren vier Wochen in Nordargentinien und Chile herum, hatten aber bisher wahnsinniges Wetterpech. Geschlossener Flughafen in London wegen Schnee, geschlossene Strassen und Nationalparks in Südamerika wegen sinnflutartigem Regen.


Da war es noch heilig.


Da stieg der Puls!


Nach einem halben Jahr glücklich wieder vereint!

Mit Pio und Inger verbrachten wir interessante und vollgepackte Tage. In Chilecito wurde 1907 mit dem Silberabbau am Famatina, dem 6000er der über der ganzen Region thront, begonnen. Dazu wurde eine 35km lange Seilbahn gebaut, von welcher die Talstation heute immer noch zu besichtigen ist. Steigende Edelmetallpreise ermöglichen heute wieder eine rentable, aber wasserintensive Ausbeutung und schon ist man daran, die seit 50 Jahren stillgelegte Mine zu reaktivieren. Die Bevölkerung steht dem sehr skeptisch gegenüber, denn das Schmelzwasser des Berges versorgt die ganze Region. Gefragt wird hier aber niemand. Tags darauf erkundeten wir den Talampaya Nationalpark, wo in einem eindrücklichen Canyon mit 150 Meter hohen Wänden bizarre Felsformationen zu sehen waren. Weiter ging es in den Parque Provincial Ischigualasto, wo die Canyons zwar kleiner, die Felsen aber noch bizarrer wurden. Für uns Dauercamper eine willkommene Abwechslung war das wunderschöne Hotel, welches als Basis für die Erkundungstouren diente.


Die Talstation der Minenseilbahn. 35 km lang mit 3500 Höhenmetern, neun Stationen und einem Tunnel.


Eindrücklicher Tampalaya Canyon.


Valle de la Luna.


Submarine heisst dieser Fels.


Die Steinkugeln treten nach und nach an die Oberfläche. Niemand weiss genau, wie sie entstehen.


Ferien von den Ferien: So relaxt es sich vom Overlanderleben vom Feinsten. Warm und kalt Wasser nach Belieben, Klimaanlage, Fernsehen, Frühstücksbuffet,  WiFi und Swimming Pool. Was hatten wir bisher falsch gemacht? Muchas gracias Pa für diesen willkommenen Luxus, wir haben es sehr genossen!


Merci viumau für euren Besuch und die tolle Zeit zusammen. Bis bald zu Hause!

Nachdem wir am Abend vorher den Grill für eine Riesenportion Fleisch zum glühen gebracht hatten, hiess es nach drei tollen Tagen wieder Abschied nehmen. Die beiden zogen weiter nach Mendoza, wo sie die letzten Tage ihrer Ferien verbringen werden. Wir hingegen rollten langsam Richtung Norden und statteten allen Geheimtipps von Pio und Inger einen Besuch ab. Der erste führte uns zu den Inka Ruinen von El Shincal, wo wir zuerst Abends und dann beim ersten Tageslicht die Ruinen in bestem Licht und ganz für uns alleine erkunden konnten.

Bisher hatten wir in dieser Gegend, welche quasi allen argentinischen Wein produziert, noch keine Bodega besichtigt. Dies holten wir in Hualfin nach, dem nächsten Tipp von Pio und Inger. Winzer Elio führte uns durch die brandneue Anlage, erklärte jedes Detail und liess uns die Weine direkt ab den riesigen Edelstahltanks degustieren. Und anstatt dass wir dann Wein kaufen mussten, bekamen wir welchen geschenkt, denn Elio war von unserer Reise so fasziniert, dass er uns nicht ohne Torrontes und Malbec weiterreisen liess.


Machu-Pichu-Ersatz (bis Peru schaffen wir es nicht mehr…): Inkaruinen von Shincal.


Hier kommt der edle Saft aus dem 10‘000l Fass.


Muchas gracias, Elio. Wir werden die Flaschen zum Jahresjubiläum geniessen!

Bei einem kurzen Stopp ausserhalb Santa Maria füllten wir die Kühlbox mit Geisskäse aus lokaler Produktion, eine willkommene Abwechslung vom faden Supermarktkäse. Die Ruinen von Quilmes zeigten uns, dass nicht nur Griechen und Römer in der Lage waren, schon in der Frühzeit eindrucksvolle Siedlungen zu bauen. Die Quilmes, so hiess das Volk, bauten eine Stadt für 6‘000 Einwohner an die steilen Bergflanken Catamarcas. Nachdem im 15. JH die Inkas die Stadt friedlich eroberten, vermischten sich die beiden Völker, bis die Spanier 230 Jahre später auch hier die hintersten und letzten Ureinwohner ausgerottet oder verschleppt hatten. Wir konnten die Ruinen in Begleitung eines motivierten Guides besichtigen, der von den Quilmes abstammt und uns viel zur Geschichte der Stadt und des Volkes zu erzählen hatte.


Der ganze Berg war einmal eine Terrassenstadt.


An den Flanken waren Festungen. Hier die Sicht von einem Wachturm aus auf die Stadt.

Dann war es Zeit für einen zweiten Bodegabesuch, diesmal bei einer der grössten der Region. Die Tour war zwar nicht besonders informativ, aber die anschliessende „Degustation für Anfänger“ war unterhaltsam und bei gegen 40 Grad im Schatten sind gekühlte Weinkeller ein wohltuend angenehmer Aufenthaltsort. In Cafayate würfelte der Zufall eine buntgemischte Truppe zusammen und ehe wir uns versahen, hatten wir auf dem Campingplatz die Argentinier betreffend Parilla-Grösse weit hinter uns gelassen. Der Abend war verbal eine Herausforderung, wurden doch vier Sprachen gleichzeitig gesprochen und wir mittendrinn. Zu erzählen hatten alle viel: Eine Engländerin und ihr neuseeländischer Freund touren mit dem Motorrad durch Südamerika, ein Paar aus Frankreich radelt mit der 3-jährigen (!) Tochter von Ushuaia nach Ecuador, ein kanadisches Päärchen pedalt von Ushuaia nach Alaska und aus der Schweiz hatten wir Verstärkung von Sandra und Filippo, die wir unterwegs schon vier Mal getroffen hatten und mit Mietwagen und Hotelunterkünften am luxuriösesten unterwegs sind von uns allen. Wir finden, Reisen ist ja soooo schön!
Liebe Grüsse y hasta luego,

die Pfusbus-Reisenden


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