Verfasst von: Barbara & Didier | September 10, 2011

Von Finnland nach Schweden

Billund, 10.09.2011, 30‘400 km

Hejhej!

Wir grüssen Euch aus Skandinavien, wo wir Blondinen uns total gut integrieren (wenigstens solange wir nicht den Mund öffnen…). Berichten wollen wir euch hier über unsere Erlebnisse in Finnland und Schweden. Kaum über die russich-finnische Grenze steuerten wir auf den ersten „richtigen“ Campingplatz seit 5 Monaten zu, und der war gleich ein Glückstreffer. Klein, gemütlich und direkt am Wasser gelegen, blieben wir dort mehrere Tage um auszuspannen und Barbaras Erkältung auszukurieren. Die Besitzerin, gleichzeitig Krankenschwester, bot medizinische Hilfe an, Nachbar Akso nahm Didier mit ins nächste Dorf um einzukaufen und kochte uns mitten in der Nacht Eierschwämme. Mit Jenny und Jula aus Deutschland schliesslich verbrachten wir quatschend einen langen, gemütlichen Abend. Alle waren ganz begeistert von unserem Trip und als es uns schliesslich doch weiterzog, schenkte uns Akso zum Abschied ein Pilzmesser (mit integrierter Putzbürste) und einen ganzen Sack voll Eierschwämme und Steinpilze, die er und der Campingplatzbesitzer extra für uns gesammelt hatten!


Die Pilzputzcrew in Action.


So schlimm ist Globalisierung ja gar nicht: Es gibt seit St. Petersburg wieder echten Käse zu kaufen.


In Finnlands Süden.

Die Pilze kochten wir einen Tag später zu einem ganz besonderen Anlass, wir kriegten nämlich Besuch aus der Heimat. In Helsinki feierten wir nach über fünf Monaten Wiedersehen mit Barbaras Mutter, judihui! Das Tüpfchen auf dem i waren die Belperknollen (= sehr leckerer Käse aus Belp) und Ovomaline-Schokolade, welche Helene extra aus der Schweiz mitbrachte, mersi viu viu mau! Wir fühlten uns wie im Schlaraffenland, war doch Käse mit Abstand jenes Nahrungsmittel, das wir am meisten vermissten, dicht gefolgt von Ovoschoggi natürlich.

Zu dritt erkundeten wir Helsinki per Velo und zu Fuss. In einem Café Cappuccino geniessen, am Hafen Glace schlecken, mit der Fähre zum Suomenlinga-Fort tuckern, in den Designerläden schmökern und schwupps waren drei Tage um. Die Stadt schaffte es auf Anhieb unter die Top-Five in unserem Städte-Ranking. Aber keine Angst liebe Berner, Bern ist und bleibt die Nummer 1! Abends tauschten wir uns mit unseren Campingplatz-Nachbarn Fabienne und Adrian aus Luzern aus, welche uns in Sachen weltenbummeln noch einiges voraus haben und zurzeit mit ihren beiden Sprösslingen durch Skandinavien touren.


1-Gang und Rücktrittbremse, zum Glück ist Helsinki topfeben!


Finnlands Eisbrecher in den wohlverdienten Sommerferien.

Weiter zog es uns der Südküste Finnlands entlang nach Ekenäs, Hanko und schliesslich Turku. Auch wenn es manchmal schon gar fest nach Herbst roch, so war das Wetter gut genug zum Campen und um die Umgebung zu Fuss oder per Velo zu entdecken. Überraschenderweise war es gar nicht so einfach, plötzlich zu dritt im Pfusbus unterwegs zu sein, es haben sich bei uns während den letzten Monaten wohl einige feste (oder eher sture?) Muster gebildet. Man könnte sagen, wir mussten uns erst wieder aneinander gewöhnen.


Mutter und Tochter-Idylle.


Belegte Brötchen mit Lachs und Renntier. Mmmmmh.

Die zwei Tage in der Hafenstadt Turku wurden ziemlich schifflastig, fand doch just an diesem Weekend das Tall Ship Race statt und die zum Teil riesigen Segelschiffe waren am Quai vertäut. Mit dabei die Kruzenstern (Sie wurde von Didier sofort als eines der Schiffe vom Segelschiff-Quartett erkannt. Lange ist‘s her…) Bei Bilderbuchwetter kämpften wir uns durch die Unmengen von Zuschauern, Marktständen, Essbuden und Bühnen und fühlten uns wie am Gurtefestival. Einzig dass es auf dem Gurten keine Segelschiffe hat. Natürlich zog es auch uns auf das Wasser und so tuckerten wir auf einem romantischen alten Dampfer um die Inseln des Turku-Archipelagos.


Alte Schönheiten.


Liebe (ehemalige) Quartettspieler, erkennt Ihr sie wieder?


Gurtenersatz.


Logenplatz bei der „Parade of Sails“.

Am nächsten Tag schafften wir es gerade rechtzeitig zurück in den Hafen, um den Segelschiffen vom Tall Ship Race beim Auslaufen zuzusehen. Strategisch günstig auf einem polnischen Kriegsschiff positioniert, hatten wir beste Sicht auf die schwimmenden Beauties und die Showeinlagen der Crews. Während die Matrosen auf den seriösen Schulschiffen im weissen Anzug strammzustehen hatten, boten Crewmitglieder von anderen Seglern Tanzeinlagen zu Musik aus den segelbooteigenen Lautsprechern und Lautsprecherinnen. Wir waren recht erstaunt, wie fit die Crew des russischen Seglers Helena war, am Abend zuvor hatten wir sie noch sternhagelvoll beim Feiern des 1. Ranges im Zwischenklassement angetroffen. Können Saufen und Segeln, die Russen!

Nach wenigen schiffsfreien Einlagen wie dem Besuch des Freilichtmuseums und der Burg von Turku verstauten wir den Pfusbus schliesslich im Rumpf der Amorella für eine 11-stündige Überfahrt nach Stockholm. Bald einmal machten die Regenwolken der Sonne Platz und wir genossen die Aussicht auf die unzähligen Inseln und Inselchen der Ostsee.


Goodbye Finland.


Haben für unser Ferienhäusschen in spe paar nette Inselchen entdeckt.

In Stockholm angekommen, durften wir uns auf Einladung von Helene in einem tollen Hotel mitten in der Stadt einquartieren, was wir Pfusbüssler extrem genossen: Sauberes Bad und Bettzeug, Dusche mit Druck, herrliches Frühstücksbuffet etc.etc. Tausend Dank Ma, es war super! Da auch das Wetter prima mitspielte, hatten wir eine tolle Zeit in einer tollen Stadt. Natürlich besuchten wir das Vasa-Museum, den Royal Palace und die hübsche Altstadt. Fast schon auf Entzug, zog es uns am dritten Tag wieder aufs Schiff und wir tuckerten zum Drottningholm Slott, wo Schwedens Königspaar logiert. Eine schicke Angelegenheit. Nach St. Petersburg meisterten wir die kleidertechnische Herausforderung für den Besuch der Royal Opera mit Leichtigkeit, und so besuchten wir eines Abends die Vorstellung von La Boheme. Die Inszenierung hat uns sehr gut gefallen, sprachlich war es allerdings eine rechte Herausforderung: Gesang auf Italienisch, Obertitel auf Schwedisch.


Silvias und Karl 14 Gustavs Zuhause.


Die drei Schiffsüchtigen.

Die Tage rasten nur so dahin und ehe wir uns versahen, war es an der Zeit, von Helene Abschied zu nehmen. Es hat uns wahnsinnig gefreut, dass Du uns hier im hohen Norden besuchen kamst und wir danken Dir ganz herzlich für alles! Wir freuen uns bereits jetzt auf das Wiedersehen in der Heimat!

Während Helene wohl schon über den Wolken war, standen wir mehrere Stunden im Stau, bevor wir südlich von Stockholm ein Plätzchen zum Übernachten fanden. Didiers Mutter hat uns freundlicherweise darauf aufmerksam gemacht, dass wir just an diesem Tag 6 Monate unterwegs waren. Ein guter Grund um zwei andere Traveller, Johanna aus Stuttgart und Adrian aus Stockholm, zum Abendessen einzuladen. Die beiden reisen mit dem Fahrrad von seiner Stadt in ihre, um beide Heimatländer besser kennen zu lernen. Finden wir sehr sympathisch! Wir sponserten Pasta, Sauce und Whisky, die beiden brachten Bier und Wein. Es wurde ziemlich spät…


Wir waren nicht allein.

In Ljungby angekommen, suchten wir als erstes den staatlichen Systembolaget auf, der einzige Ort, wo man in Schweden Wein kriegt. Denn wir benötigten ein Mitbringsel, und gemäss Reiseführer macht sich in Schweden eine Flasche Wein gut. Punkt 14:00 waren wir dort, punkt 14:00 schliesst der Laden. Die Verkäuferin zeigte kein Verständnis, ihr letzter Kunde aber erkannte den Ernst der Lage und bot uns ohne zu zögern eine seiner eben erstandenen Flaschen an. Wir dachten, sowas passiert nur in Asien! Besuchstauglich ausgerüstet parkierten wir den Pfusbus wenig später auf dem Hausplatz von Kerstin und Berthon. Die beiden sind – vereinfacht gesagt – Verwandte von Bekannten und haben uns für einige Tage herzlich bei sich aufgenommen. Zum ersten Mal seit langem führten wir wieder einmal so etwas wie ein normales Leben mit Waschmaschine und Geschirrspüler, Einkaufen im Supermarkt, Besuch haben und zu Besuch gehen, Termin beim Frisör etc. Nebenher frönten wir unserem neuen Hobby „Housespotting“. Ausgerüstet mit Fahrrad und Fotoapparat oder mit Kerstin und Berton als Reiseleiter und Chauffeur streiften wir durch die Einfamilienhaussiedlungen von Ljungby. Ob alt und romantisch oder brandneu und topmodern, die Schweden haben das Häuslebauen ganz schön im Griff, finden wir.


Wie wäre es mit dem?


Oder doch vielleicht dieses?

Sehr spannend wurde der Besuch bei Tobias und seiner Familie. Barbara und Tobias haben schon viel voneinander gehört, sich aber erst ein einziges Mal gesehen, und das vor über 15 Jahren. Oder sind es schon 20? Wir alten Knochen… Das Wiedersehen war herzlich und als Gwundernasen freuten wir uns darauf, endlich mal ein klassisches Schwedenhaus von innen sehen zu dürfen. Die Familie wohnt nämlich in einem Bilderbuchhäusschen: Ochsenrot gestrichen mit weissen Fensterrahmen, schön renoviert und auf einer Lichtung mitten im Wald. Im hofeigenen Teich züchtet Tobias Speisekrebse und die Mädchen laufen darauf im Winter Schlittschuh. Auf Sophias Vorschlag, Haus und Kinder auf Zeit gegen den Pfusbus einzutauschen, sind wir sofort eingegangen, haben wir uns doch auf Anhieb sowohl ins Häusschen als auch in die drei süssen blonden Mädchen verliebt.

Richtig schnell waren wir am einzigen Sonnentag auf dem Florensee unterwegs. Auch wenn wir eigentlich mehr auf Seegelschiffe stehen, es hat ziemlich Spass gemacht im kleinen Boot mit grossem Motor über das Wasser zu brettern. Für einen der Regentage haben wir das IKEA Museum in Älmhult gespart. Dort wurde Ingvar Kamprad, der Gründer des Riesenkonzerns, geboren, und dort wurde nach dem zweiten Weltkrieg auch der erste IKEA-Laden eröffnet. Es war überraschend spannend, die Geschichte hinter den vier gelben Buchstaben zu erfahren, zumal der halbe Pfusbus mit IKEA-Produkten ausgestattet ist.


Full Speed mit Gastgeberin Kerstin und Kapitän Berthon.


Unser vorübergehendes Zuhause. Herzlichen Dank für Eure Gastfreundschaft!

Kulinarisch ging es uns ebenfalls bestens, wurden wir doch zu einem Plankstek in einem Restaurant eingeladen, wo sich schon Schwedens Königspaar verköstigte. Auch andere schwedische Spezialitäten durften wir dank Kerstin kennenlernen und schlussendlich verriet sie uns sogar das Rezept für ihren wunderbaren Äppelkaka, miam! Nach fünf Tagen machten wir uns kugelrund auf Richtung Dänemark. Ob wir die Brücke oder die Fähre wählten? Wir verraten es Euch im nächsten Post.

Hej då, die Pfusbüssler


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